Baden-Württemberg - Kooperationen von Ökobetrieben mit konventionellen Betrieben zu dem Zweck der gemeinsamen Nutzung von Biogasanlagen
Aufgrund des engagierten Eintretens eines betroffenen Landwirts für solche Kooperation hat das Regierungspräsidium Karlsruhe uns auf ein Schreiben des des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über folgende Regelung zu solchen Kooperationen informiert:
Die Verordnung (EU) Nr. 2018/848 lässt unter bestimmten Bedingungen die Düngung mit außerbetrieblichen Düngern konventioneller Herkunft zu. Ökobetriebe dürfen demnach gemäß Anhang II Teil I Nr. 1.9.3. Düngemittel und Bodenverbesserer, die nach Artikel 24 für die Verwendung in der ökologischen Produktion zugelassen sind, im erforderlichen Maße verwenden, wenn folgende Vorgaben erfüllt sind:
- Der Ökobetrieb hat einen Nährstoffbedarf nachgewiesen.
- Die Gärreste stammen ausschließlich aus Substraten des Ökolandbaus oder aus Stoffen, die in Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2021/1165 gelistet sind (u.a. darf das Produkt nicht aus industrieller Tierhaltung stammen).
- Die GVO-Freiheit von genetisch veränderten Organismen (GVO) im Sinne von Artikel 11 der EU-Bio-Verordnung ist gewährleistet.
- Aufzeichnungen über die Verwendung dieser Erzeugnisse, einschl. Zeitpunkt, Bezeichnung, ausgebrachte Menge sowie betreffende Kultur und Fläche.
Gemäß Anhang II Teil I Nr. 1.9.4. der Verordnung (EU) Nr. 2018/848 dürfen 170kg Gesamtstickstoff je Jahr und Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche aus tierischen Exkrementen nicht überschritten werden.
Für die Frage der Zulässigkeit der Abgabe von tierischem Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist) von Ökobetrieben an Biogasanlagen, aus denen Gärreste auch auf konventionelle Flä- chen ausgebracht werden, kann Anhang II Teil I Nr. 1.9.5 der Verordnung (EU) Nr. 2018/848 herangezogen werden. Dort ist festgelegt, dass zur Ausbringung von überschüssigem Wirtschaftsdünger aus ökologischen Produktionseinheiten Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe schriftliche Kooperationsvereinbarungen mit anderen Unternehmern landwirtschaftlicher Betriebe und Unternehmen treffen können, jedoch ausschließlich mit solchen, die den ökologischen Produktionsvorschriften genügen.
Das bedeutet, dass Ökobetriebe ihren Wirtschaftsdünger tierischen Ursprungs nur dann in eine Biogasanlage einbringen dürfen, wenn die gesamten Gärreste auf Öko-Flächen ausgebracht werden. Dies kann bei der Abgabe von tierischen Exkrementen aus Ökobetrieben an gemischt genutzte Biogasanlagen grundsätzlich nicht verordnungskonform erreicht werden. Denn, aus diesen werden auch konventionelle Flächen beliefert, indem entsprechend der Anlieferung von Substraten eine Rücknahme von Nährstoffäquivalenten erfolgt.
Aus den Erfahrungen aus der landwirtschaftlichen Praxis ist bekannt, dass es vorkommen kann, dass nicht immer ausreichend Ökobetriebe als Kooperationspartner für einen Betreiber von Biogasanlagen zur Verfügung stehen. Deshalb wird es in Baden-Württemberg künftig geduldet, dass Ökobetriebe Kooperationen mit Betreibern von Biogasanlagen eingehen, welcher Gärreste auch an konventionelle Betriebe abgibt, sofern:
1) die im ersten Absatz dieses Schreibens genannten Voraussetzungen (vgl. Anhang II Teil I Nr.1.9.3. und Nr. 1.9.4. der Verordnung (EU) Nr. 2018/848) erfüllt sind.
2) mindestens die abgegebenen Nährstoffmengen aus den tierischen Wirtschaftsdüngern zurückgenommen werden.
3) eine Bestätigung über Einsichtsrecht in das Betriebstagebuch des Betreibers der Biogasanlage durch die Öko-Kontrollstelle vorliegt. Die Biogasanlage unterliegt hierbei allen ökorechtlichen Anforderungen in Bezug auf die Einsatzstoffe, die in diese Anlage eingebracht werden.
4) der Ökobetrieb nachgewiesen hat, dass die Einbringung in eine Biogasanlage, aus der Gärreste ausschließlich bzw. überwiegend (>50%) auf Bio-Flächen ausgebracht werden, für ihn wirtschaftlich unzumutbar ist.
5) für den Nachweis der Unzumutbarkeit in Punkt 4 gilt Folgendes:
a) als “unzumutbar“ wird eine Fahrstrecke von grundsätzlich mehr als 20km von der Betriebsstätte bis zu einer Biogasanlage mit einem Anteil von >50% Bio-Substraten definiert.
b) der Betriebsleiter hat mittels einer geeigneten Karte bzw. Liste darzulegen, welche Biogasanlagen (gemischt genutzt mit >50% Bio-Substrat) bis 20km Fahrstrecke vorhanden sind. Diese sind zur jährlichen Ökokontrolle zu aktualisieren.
c) dieser Nachweis ist vor der ersten Abgabe von Wirtschaftsdünger tierischer Herkunft an eine gemischt genutzte Biogasanlage der jeweiligen Kontrollstelle vorzulegen und in die Betriebsbeschreibung aufzunehmen. Die Abgabe darf erst nach Zustimmung der Kontrollstelle erfolgen.
Wir weisen darauf hin, dass ASL (Ammoniumsulfat-Lösung) nicht im Ökolandbau zulässig ist.
Wir weisen darauf hin, dass Vorgaben aus anderen Rechtsgebieten, wie das Düngerecht, einzuhalten sind.
Der Duldungszeitraum wird längstens bis zu einer Entscheidung zur Auslegung durch die EU-Kommission festgelegt.
Wir freuen uns, dass damit eine Lösung gefunden wurde, auch wenn sie leider mit erheblichem bürokratischen Aufwand verbunden ist. Bitte bedenken Sie das Verbandsvorgaben andere Einschränkungen vorsehen können und informieren Sie sich ggf. bei Ihrem Verband.