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DE-ÖKO-006

Photovoltaik-Anlagen in Ausläufen von Bio-Geflügel

Gleich vorweg: In der EU-Bio-Verordnung gibt es keine Regelungen, die einer Installation von (Agri-) Photovoltaik-Anlagen (Abkürzung: PV-Anlagen) in Bio-Geflügelausläufen entgegenstehen. Falls Sie ein solches Vorhaben planen, haben wir Ihnen im Folgenden wichtige Aspekte zusammengestellt, die es dabei zu beachten gilt.

Die Doppelnutzung einer Fläche sowohl als Geflügelauslauf, als auch zusätzlich zur Gewinnung von regenerativem Solarstrom, leistet in Ergänzung zur Nahrungsmittelproduktion einen Beitrag zum Klimaschutz und kann zudem die ökonomische Landnutzungseffizienz eines Betriebs steigern. Darüber hinaus kann es ganz praktische Synergieeffekte zwischen der Nutzung als Geflügel-Auslauffläche und der technischen Anlage geben:

  • Die Beschattung der Fläche vermindert unproduktive Bodenwasserverdunstung und kann damit den Grünaufwuchs fördern.
  • Die Solarmodule bieten Witterungsschutz (Sonne, Niederschlag, Wind) für die Tiere.
  • Die Solarmodule bieten Unterschlupfmöglichkeiten und Schutz vor Greifvögeln.
  • Die Anlage kann damit einen Beitrag zur Erhöhung des Tierwohls leisten.

Voraussetzung für PV-Anlagen in Bio-Geflügelausläufen ist, dass es sich um eine sogenannte Agri-Photovoltaik-Anlage handelt, denn: Die Flächen sollen weiterhin landwirtschaftliche Flächen bleiben und als Geflügelauslauf primär der landwirtschaftlichen Erzeugung eines Betriebes dienen.

Um Agri-Photovoltaik-Anlagen von herkömmlichen PV-Freiflächenanlagen unterscheiden zu können, wurden Kriterien festgelegt. Die Kriterien für eine Agri-Photovoltaik-Anlage in Kombination mit Nutztierhaltung sind in der DIN spec 91492 geregelt und wurden in Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem Energie- und Agrarsektor (darunter auch die ABCERT AG) erarbeitet.

Die landwirtschaftliche Produktion muss also weiterhin im Fokus bei der Bewirtschaftung der Fläche stehen. Ein entsprechendes landwirtschaftliches Nutzungskonzept muss ausgearbeitet vorliegen und Sie benötigen eine baurechtliche Genehmigung für ein solches Bauvorhaben.

Für Bio-Betriebe gilt es zusätzlich, die Anforderungen der EU-Bio-Verordnung bei der Flächennutzungs-Kombination mit einer Agri-Photovoltaik-Anlage im Blick zu behalten und umzusetzen. Für die Nutzung von Bio-Geflügelauslaufflächen sind dabei folgende Punkte mitzudenken:

  • Freigelände kann teilweise überdacht sein (max. 50%) – hieraus ergibt sich, dass für Agri-Photovoltaik-Anlagen in Bio-Geflügelausläufen auch nur eine Fläche von max. 50% des Auslaufes zulässig ist bzw. max. 50% der Fläche mit ausgefahrenen/ausgeklappten Modulen überdeckt sein dürfen (Anhang II Teil II Nr. 1.6.5. der Verordnung (EU) Nr. 2018/848)
  • Freigelände für Geflügel muss für die Tiere attraktiv und für alle Tiere uneingeschränkt und jederzeit zugänglich sein
  • Freigelände für Geflügel muss überwiegend mit Pflanzen bewachsen sein. Konkret muss die Auslauffläche mit einer Vegetationsdecke zu über 50% bedeckt sein und durch regelmäßige und angemessene Pflegemaßnahmen auf der gesamten Auslauffläche erhalten werden. Die regelmäßigen Pflegemaßnahmen (u.a. Neuansaat oder Nachsaat) müssen auf der gesamten Auslauffläche durchführbar sein (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/464 Art. 16 Absatz 3). Freigelände muss den Tieren eine ausreichende Anzahl an Unterschlupfen, Unterständen, Sträuchern oder Bäumen bieten. Hier ist, wie bei allen anderen Unterschlupfen festzustellen, ob die Tiere die Module als Unterstand akzeptieren und nutzen, ansonsten muss nachgerüstet werden. Weiterhin sollen auch Büsche und Bäume im Auslauf integriert werden (z.B. im stallnahen Bereich, am Zaun etc.). Die Bäume können dabei kleinwüchsig bleiben, sodass sie keinen Schatten auf die Photovoltaik-Module werfen können (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/464 Art. 16 Absatz 4).
  • Der Bewuchs des Freigeländes ist regelmäßig zu pflegen, um zu verhindern, dass ein Nährstoffüberschuss entsteht. Dabei ist besonders der stallnahe Bereich wichtig. Dort müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Auswaschung von Nährstoffen zu minimieren, z.B. Beschneiden von Büschen etc. (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/464 Art. 16 Absatz 5).
  • Die Flächenvorgaben zu Mindestaußenflächen für Bio-Geflügel sind einzuhalten. Die Mindestaußenflächen sind „Nettoflächen“, z.B. bei Legehennen 4m²/Tier, die den Tieren zugänglich sein müssen. Flächen, die von z.B. Ständern der Solarpaneele oder anderen technischen Einrichtungen belegt sind, oder für die Tiere aus anderen Gründen nicht nutzbar sind, zählen nicht als Auslauffläche (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/464, Anhang II, Teil IV: Besatzdichte, Mindeststallflächen und Mindestaußenflächen für Geflügel gemäß Artikel 14).
  • Da allen Tieren ständig Zugang zu Freigelände zu gewähren ist (Anhang II Teil II Nr. 1.7.3 der Verordnung (EU) Nr. 2018/848) sollten bei der Etablierung von Agri-Photovoltaik die Serviceperioden vor erneuter Einstallung oder Erstbelegung genutzt werden.

Wichtig: Sollte sich herausstellen, dass aufgrund der Agri-Photovoltaik-Anlage das Geflügel den Auslauf nicht mehr nutzt (z.B. durch mögliche Stauhitze unter den Modulen), müssen Maßnahmen ergriffen werden, die dem entgegenwirken. Im schlimmsten Fall droht der Abbau einiger Module. Dies gilt auch, wenn die Auslaufflächen zur Energiegewinnung unterverpachtet werden.

Gibt es unterschiedliche Vorgaben zum Vorgehen für Bio-Betriebe in den einzelnen Bundesländern?

Bislang hat lediglich das Land Mecklenburg-Vorpommern eine konkrete Verfahrensweise für Bio-Betriebe beschrieben, die eine Agri-Photovoltaik-Anlage in einem Geflügelauslauf installieren wollen. In allen anderen Bundesländern empfehlen wir Ihnen dringend, vor der Installation einer Agri-Photovoltaik-Anlage in Geflügelausläufen Kontakt mit uns und der zuständigen Landesbehörde aufzunehmen.

Grundsätzlich besteht eine Mitteilungspflicht der biozertifizierten Betriebe (aktuelle Betriebsbeschreibung und -dokumentation u.a. Artikel 34 der Verordnung (EU) Nr. 2018/848) zur Nutzung von Agri-Photovoltaik-Anlagen auf Bio-Geflügelausläufen bei der für den Betrieb zuständigen Kontrollstelle und der zuständigen Fachbehörde für den ökologischen Landbau (LALLF). Die Umsetzung der Nutzung einer solchen Anlage auf der Fläche von Bio-Geflügelausläufen ist vom Bio-Betrieb vorab mit der zuständigen Kontrollstelle abzustimmen.

In Mecklenburg-Vorpommern hat die oberste Bodenschutzbehörde hierzu Vollzugshinweise erlassen und die Anwendung der Arbeitshilfe „Bodenschutz bei Standortauswahl, Bau, Betrieb und Rückbau von Freiflächenanlagen für Photovoltaik und Solarthermie" empfohlen, siehe auch Bodenschutz beim Ausbau Erneuerbarer Energien - Regierungsportal M-V (regierung-mv.de).

Mit der Mitteilungspflicht soll gewährleistet werden, dass sowohl die Kontrollstellen als auch das LALLF Kenntnis zu den geplanten/umgesetzten Solaranlagen im Land Mecklenburg-Vorpommern haben und damit auch die weitere entsprechende Umsetzung der EU-Bio-Verordnung geprüft werden kann/wird. Der Mitteilung des Bio-Betriebes sind u.a. folgende Unterlagen beizufügen:

  • Aktuelle Betriebsbeschreibung sowie Standortbeschreibung des Geflügelauslaufes
  • Luftbild der Geflügelausläufe
  • Lageplan für die geplanten Solarpaneelen in den Geflügelausläufen
  • Schriftliche Darstellung, wie die o.g. Anforderungen der EU-Bio-Verordnung am geplanten Standort umgesetzt werden

Diese Vorgabe erfolgt auch unter Berücksichtigung an die Delegierte Verordnung der Kommission zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Eier und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 589/2008 der Kommission, Anhang II Mindestanforderungen an die Produktionssysteme für die verschiedenen Arten der Legehennenhaltung.